Ausblick vom Dekanat auf dem Schlossberg in Herrenberg in Richtung Oberes Gäu - Bondorf und Nebringen

Stichworte

 
 

Glaube und Spiritualität sind mehr als das, was sich durch Begriffe und Formeln aussagen lässt. Doch vielleicht begegnet Ihnen hin und wieder ein (christlicher) Begriff, über den Sie gerne mehr wüssten. Deshalb finden Sie auf dieser Seite ein „ABC des Glaubens“. Es soll dazu helfen, manche Begriffe besser zu verstehen – oder auch einmal direkt nachzufragen, was dieses oder jenes bedeutet.

Beim Lesen werden Sie feststellen, dass die Texte unterschiedlich sind und verschiedene Glaubenserfahrungen aus ihnen sprechen. Diese Unterschiedlichkeit ist beabsichtigt. Sie regt die Diskussion an und in ihrer Vielfalt ist sie ein Abbild dessen, was unseren Kirchenbezirk prägt: Dass Menschen mit unterschiedlichen Glaubenserfahrungen und –haltungen gemeinsam christlichen Glauben leben und Kirche gestalten.

Die einzelnen "Stichworte" wurden von Personen aus dem Kirchenbezirk Herrenberg verfasst.

Auf den Seiten unserer württembergischen Landeskirche und auf den Seiten der Evangelischen Kirche in Deutschland finden Sie darüber hinaus jeweils ein ausführlicheres "Glaubens-ABC".

Glaubens-ABC auf den Seiten der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

http://www.elk-wue.de/glauben/glaubens-abc/

 
 

Glaubens-ABC auf den Seiten der Evangelischen Kirche in Deutschland.

http://www.ekd.de/lexikon/lexikon.php

 
 

Auferstehung

Zu den wichtigsten Aussagen des christlichen Glaubensbekenntnisses gehört der Satz, dass Jesus Christus „am dritten Tag von den Toten auferstanden“ und „aufgefahren in den Himmel“ sei. Diese Glaubenssätze stützen sich auf Bilder und Geschichten des Neuen Testamentes: Am Ostermorgen haben Maria von Magdala und andere Jüngerinnen das Grab Jesu leer vorgefunden. Statt dessen erhielten sie die Botschaft: „Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“

Doch bald entbrannte der Streit, ob das Grab Jesu nun tatsächlich leer war, oder nicht. Doch diese Frage greift zu kurz, wenn man verstehen will, was mit „Auferstehung“ gemeint ist. Der Glaube der ersten Christen war eingebettet in Hoffnung, dass Gott denjenigen, die unschuldig leiden, Gerechtigkeit widerfahren lassen wird. Dass ihr Tod nicht sinnlos ist und der Gestorbene im Tod fern von Gott bleibt, sondern dass Gott über den Tod hinaus in seiner Nähe bleibt und ihn zu neuem Leben erweckt. Dabei kommt es weniger auf detaillierte Jenseitsvorstellungen an. Wichtig ist, dass ein Mensch mit seiner ganzen Geschichte nicht verloren geht, sondern aufgehoben und geborgen bleibt.

Auferstehung ist nicht die bloße Verlängerung des irdischen Daseins, sondern sie bedeutet, dass Leben von Gott, dem Schöpfer, neu erschaffen wird. Der Tod bleibt die Grenze irdischer Existenz. Das Leben nach dem Tod ist neu geschenktes Leben aus der Kraft Gottes. Die Hoffnung auf Auferstehung gewinnt so auch mitten im Leben Bedeutung.

Für die Frauen am Grab Jesu erwuchs aus dieser Hoffnung die Kraft, sich neu dem Leben zuzuwenden. Die Auferstehungsgeschichten der Evangelien sind für deshalb keine „Wundergeschichten von einst“ die, notfalls auch gegen den Verstand, geglaubt werden müssen. Sie erzählen für uns die Erfahrung, dass mitten im Alltag, in den Abschieden unseres Lebens, im Loslassen (müssen), für uns am lebendigen Leib Gottes Nähe so erfahrbar ist, dass sie das Leben verwandelt.
Texte: Markus 16, 1-8; Lukas 24; Matthäus 28; Johannes 20+21; 1. Korinther 15;

(Pfarrerin Christiane Grünewald)

Bekehrung

Mit diesem Begriff wird eine bewusst vollzogene Hinwendung zu Gott oder zu Christus bezeichnet. Für manche Menschen lässt sich dieses Ereignis auch mit einem genauen Datum belegen. ( z.B.: „Am 31.08.1976 habe ich mich bekehrt“)

Das Verb „bekehren“ oder „sich bekehren“ findet sich öfter in der Bibel. Es wird vor allem von den Propheten gebraucht, später dann von den Aposteln Jesu. Menschen werden dazu aufgerufen, „sich zu Gott zu bekehren“; also von eigenen Wegen umzukehren und nach den Ordnungen Gottes zu leben. Sich zu Gott „zu bekehren“ schließt dann natürlich auch ein, sich von den „Götzen“ dieser Welt abzuwenden.

Das Hauptwort „Bekehrung“ kommt nur einmal in der Bibel vor (Apostelgeschichte 15, Vers 3). An dieser Stelle geht es um die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus durch Paulus und andere. Diese Verkündigung führte zur „Bekehrung" vieler Menschen, die bis dahin ohne Beziehung zum lebendigen Gott gelebt hatten.

(Pfarrer Thomas Fuchs, Nufringen)

Engel

Engel sind Boten Gottes. Das deutsche Wort Engel geht auf das griechische angelos zurück und bedeutet „Bote“. In der Bibel finden sich zahlreiche Texte, in denen Engel auftreten. Ihre Botenrolle ist dabei nicht nur auf das Überbringen mündlicher Botschaften beschränkt, sondern sie begleiten Menschen oder stehen ihnen in besonderen Situationen bei.

Engel gelten als allwissend und sie können Träume deuten. Sie umgeben Gottes Thron, bilden den himmlischen Hofstaat und loben Gott mit ihrem Gesang. Engel unterliegen nicht der herrschenden Weltordnung: Sie können durch Wände gehen und alle Distanzen überwinden. Engel sind nicht an bestimmte Erscheinungsweisen (Flügel) gebunden und haben mitunter eine normale menschliche Gestalt. Engel sind nicht verfügbar. Sie treten plötzlich und unvermittelt auf. Dem Glauben an Engel ist wird häufig geringe Bedeutung beigemessen oder er wird als zu mystisch empfunden. Andererseits sind Erfahrungen, in denen Engel eine Rolle spielen, immer herausgehobene Erfahrungen, Grenz- oder Extremerfahrungen („Schutzengel“). In ausweglosen und kritischen Situationen vermitteln sie göttlichen Schutz und Beistand.

Im Glauben an Engel spricht sich die Hoffnung aus, dass Gott wirksam in das (große und kleine) Weltgeschehen eingreift, einzelnen Menschen und Gruppen beisteht und damit Entwicklungen und Prozessen einen anderen, heilvollen Verlauf gibt.
Texte: 1. Mose 21, 8-21; 2. Mose 23,20; 1. Könige 19, 1-9; Apostelgeschichte 12, 1-11; Psalm 91, 11+12;

(Pfarrerin Christiane Grünewald)

Gebote

Die bekanntesten Gebote sind die 10 Gebote des Alten Testaments. Eingebettet in die Befreiungsgeschichte - Gott führt sein Volk Israel heraus aus der Knechtschaft in Ägypten - werden sie dem Volk Israel übergeben ( 2. Mose 20,2-17).

Es sind lebensbewahrende Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens, die auch das Verhältnis zu Gott regeln. Ganz charakteristisch beginnen sie mit „du sollst“ und „du sollst nicht“. Erstes und wichtigstes Gebot ist es, Gott als den zu begreifen, der in die Freiheit führt und kein andere. Zusammengefasst werden die Gebote im Neuen Testament im Doppelgebot der Liebe: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt“ und „du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22,37-39).

Die Betonung liegt dabei auf der Inneren Haltung und nicht auf der äußeren Erfüllung der Gebote.

(Pfarrer Friedrich Gräter)

Gerechtigkeit

Wir haben zu unterscheiden zwischen der menschlichen (ethischen) Gerechtigkeit (a) und der göttlichen Gerechtigkeit (b).

Zu a) Die Zusammenhänge, in denen in ethischer Hinsicht von Gerechtigkeit gesprochen wird, sind vielfältig. Es geht um gerecht sein, gerechtes Handeln, gerechte Gesetze, gerechte(s) Urteile(n), gerechte Verteilung von Gütern, gerechte Verträge, gerechte Systeme usw.. Was aber hier jeweils das Gerechte ist, das war, ist und bleibt umstritten. Wir Christen sollen uns in diesen Streit einmischen, indem wir uns für Ordnungen – und ein entsprechendes Handeln – einsetzen, die unseren christlichen Vorstellungen vom Zusammenleben möglichst nahe kommen.

Zu b) Gott will mit den Menschen Gemeinschaft haben. Trotz aller Gefährdungen bleibt Gott dieser Gemeinschaft treu. Gottes Gerechtigkeit ist diese Treue. Gefährdet ist die Gemeinschaft, weil der Mensch von sich aus diese Gemeinschaft nicht will: er ist ihr untreu! Deshalb ist er vor Gott nicht gerecht – mag er aus menschlicher Sicht (s.o.) auch noch so gerecht handeln. Gott ist also nicht darin gerecht, dass er uns nach seinem Gesetz (vgl. die Zehn Gebote) beurteilt und also – weil wir es nicht befolgen können – verurteilt. Sondern Gott ist sich darin treu / gerecht, dass er uns untreue / ungerechte Menschen treu / gerecht macht (Rechtfertigung). So nimmt er uns in seine Gemeinschaft. Als von Gott zu-recht Gemachte handeln wir im Urteil Gottes gerecht – nicht unbedingt auch im Urteil der Gesellschaft. (Lesehinweis: Römerbrief bes. Kap. 1 die Verse 16 und 17 sowie Kap. 3)

(Pfarrer z.A. Kim Apel, früher Vikar im Kirchenbezirk Herrenberg)

Glaube

„Ich glaube, dass es nächste Woche regnet“. Während dieser Satz ein ungewisse Vermutung zum Ausdruck bringt, ist der christliche Glaube gerade nicht im Sinn einer Vermutung zu verstehen. Er ist vielmehr eine „gewisse Zuversicht auf das, worauf man hofft und ein Nicht-zweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebr 11,1)

Das, worauf Christen hoffen und nicht daran zweifeln, ist im Apostolischen Glaubensbekenntnis (lat. credo) als dem Bekenntnis zum dreieinigen Gott zusammengefasst. Der Inhalt des Glaubens ist also klar definiert und hat sei-ne Basis in Gott und seinem Handeln. Ohne diesen festen Grund wäre der Glaube vergeblich (1. Kor 15,14ff). Im hebräischen Wort für „Glaube“ (ämunah) steckt die Bedeutung „fest sein“. Das Wort „glauben“ (häämin) bedeutet dementsprechend „sich festmachen, sich verlassen auf“. Christlicher Glaube als Glaube an Jesus Christus bedeutet also eine Vertrauensbeziehung zu Jesus Christus, ein sich Verlassen auf ihn. Diese Beziehung entsteht durch das Hören auf die frohe Botschaft von Jesus Christus (Röm 10,17). Glaube ist kein Verdienst des Menschen, sondern wird uns von Gott selbst geschenkt (Eph 2,8). Allein durch den Glauben an Jesus Christus, der uns zu Kindern Gottes macht (Joh 1,12f), werden wir gerettet (Röm 1,16f; Röm 5,1). Die Rettung des Menschen durch seine Leistungen ist damit ausgeschlossen (Röm 3,28).

Ähnlich wie in einer zwischenmenschlichen Beziehung, bleibt der Glaube an Jesus Christus jedoch nicht ohne Auswirkungen, sondern ist „in der Liebe tätig“ (Gal 5,6), bringt „Früchte“ hervor (Gal 5,22) und schließt den Gehorsam gegenüber Gott und seinem Willen mit ein (Röm 1,5). Christen glauben, dass sie das, woran sie glauben, auch einmal sehen werden. Doch solange wir auf dieser Erde leben, „leben wir im Glauben und nicht im Schauen“ (2. Kor 5,17).

(Pfarrer Uli Adt, Gärtringen)

Gnade

Gnade kommt aus der Gerichtssprache. Gnade wird dem Verurteilten gewährt, dadurch erhält er Strafmilderung oder wird sogar freigesprochen. Da wird der Angeklagte „begnadigt“ oder man lässt „Gnade vor Recht ergehen“. Die Gnade ist ein Geschenk. Die Sünde trennt uns von Gott. Wir werden schuldig - und nichts und niemand kann uns freisprechen außer Gott selber. Da sind wir in dieser Gerichtszene. Greifbar wird das im Kreuz Jesu. Da geschieht Vergebung, da geschieht unsere Begnadigung. Der Sohn Gottes stirbt, damit wir begnadigt sind - welcher Richter würde das für einen Angeklagten tun?

Die Gnade Gottes ist also sehr viel umfassender gemeint, er schenkt uns sich selber. Und das ist eine Kraft, die den begleitet, der daran glaubt. Und wo wird sie erkennbar? Sie kommt da am besten zur Geltung wo Menschen sich nicht mehr auf die eigene Kraft, die eigenen Möglichkeiten verlassen, sondern ihre ganze Hoffnung auf Gott setzen. 2. Kor. 12,9: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

(Pfarrer Friedrich Gräter)

Heil

„Der Herr ist ... mein Heil“ (Ps 27,1), „Gott schafft Heil mit seiner Rechten“ (Ps 98,1), „Heu-te ist diesem Haus Heil widerfahren“ (Lk 19,9). Diese und andere Bibelworte zeigen: Wenn in der Bibel von „Heil“ die Rede ist, dann ist damit sowohl Gott gemeint, der selbst das Heil ist, als auch sein rettendes, helfendes und veränderndes Eingreifen zum Heil seines Volkes Israel oder einzelner Menschen. Das hebräische und das griechische Wort für „Heil“ (hebr. jeschuah; griech. soteria) kann genauso auch mit „Rettung“ übersetzt werden.

Gleichbedeutend sind dementsprechend auch die Worte „Heiland“ und „Retter“. Hier ist es spannend zu sehen, dass Gott diese Bezeich-nung im AT exklusiv für sich beansprucht – in Jes 43,11 heißt es etwa „Ich bin der HERR, und außer mir ist kein Heiland“, im NT aber ausdrücklich Jesus als Heiland und Retter be-zeichnet wird (Lk 2,11.30; Joh 4,42 u.a.). Der Name Jesus (vom hebr. jeschuah) ist dabei Programm. In ihm kommt kein geringerer als Gott selbst zur Welt und zu den Menschen, um sie aus ihrer Verlorenheit zu retten (Lk 19,10).

Weil Jesus das Heil in Person ist, heißt es von ihm: „In keinem andern ist das Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen unter dem Himmel gegeben, darin wir sollen selig (=gerettet) werden.“ (Apg 4,12). Dementsprechend nennt Paulus die frohe Botschaft von Jesus Christus eine „Kraft Gottes, die selig macht (=rettet) alle, die daran glauben“ (Röm 1,16). Das Heil des Menschen besteht darin, dass er auf das Wort des Evangeliums antwortet, an Jesus Christus, den Heiland und Retter, glaubt (Apg 16,30f; Röm10,9f) und Jesus anruft (Röm 10,13). Der Glaube an Jesus Christus, den Heiland und Retter, verändert das unheilvolle Leben und Verhalten eines Menschen, weil er unter der heil-machenden Herrschaft Gottes steht.

So wird die Beziehung eines Menschen zu Gott, zu anderen und zu sich selbst heil. Der Glaube an Jesus Christus rettet dann aber v.a. auch vor dem Gericht Gottes (Röm 5,9; 1. Thess 1,10) und schenkt dem Menschen das ewige Heil, das Leben in der Ewigkeit bei Gott.

(Pfarrer Uli Adt, Gärtringen)

Hölle

Mit diesem Begriff wird in der Bibel ein Ort bezeichnet, an dem Gott nicht anwesend ist. An diesem Ort werden die Menschen nach ihrem Tod gebracht, die das Wort von der göttlichen Gnade in Jesus Christus nicht angenommen haben.

Im Lauf der Jahrhunderte, vor allem im Mittelalter, sind viele mythologische und volkstümliche Vorstellungen im Zusammenhang mit der „Hölle“ entstanden. Bekannt ist bis heute das Bild vom Teufel mit Pferdefuß und Dreizack.

Die „Hölle“ ist nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift ein Ort der „Qual“ (Lukas 16, Vers 23). Diese „Qual“ ist „ohne Ende“ und besteht darin, andere in der „himmlischen“ Geborgenheit bei Gott zu sehen. Und es gibt keine Möglichkeit mehr, vom Ort der „Qual“ auf die Seite der Geborgenheit bei Gott zu kommen (siehe Lukas 16, Vers 26).

Es ist also nach dem Zeugnis des Wortes Gottes für die Menschen absolut entscheidend, ob sie das Wort Gottes hören und danach leben. Denn wer das tut, wird für immer mit Gott verbunden bleiben. „Wer mein Wort hört und glaubt an den, der mich gesandt hat (=Gott), der kommt nicht in das Gericht (die „Hölle“- Trennung von Gott)“ (Johannes 5, Vers 24).

(Pfarrer Thomas Fuchs, Nufringen)

Kirche / Gemeinde

Die Kirche bzw. die Gemeinde ist die Gemeinschaft aller Gläubigen, die entsteht durch die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Sakrament (Taufe und Abendmahl).Im Zentrum dieser Gemeinschaft steht der Glaube an den einen Gott der Liebe, der sich in Jesus Christus offenbart (= Evangelium).

Dieser Glaube verbindet die Glieder untereinander zu einem Leib in Christus (Römer 12,5). Die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist regional in selbständige Landeskirchen, Kirchenbezirke und Kirchengemeinden gegliedert. Die Kirchenleitung (Landessynode, Bezirkssynode, Kirchengemeinderat) wird von den Kirchenmitgliedern gewählt und ist beauftragt stellvertretend für sie die Organisation der Gemeinde zu übernehmen.

Die evangelische Kirche ist im Gegensatz zur Freikirche eine Volkskirche, Kirche des Volkes und Kirche für das Volk, d.h. sie umfasst eine breite Bevölkerungsschicht, Menschen, die zum größten Teil durch die Säuglingstaufe Mitglied dieser Kirche werden und sich damit nicht bewusst zu einer Mitgliedschaft entschließen. Die Volkskirche garantiert eine flächendeckende Versorgung. Sie nimmt im Staat gesellschaftliche Verantwortung wahr (z.B. Religionsunterricht).

In der Kirchengemeinde vor Ort versuchen die Glaubenden ein gemeinsames christliches Leben zu verwirklichen. Die zentrale Veranstaltung ist der sonntägliche Gemeindegottesdienst. Darüber hinaus gestaltet sich das gemeindliche Leben auf vielfältige Weise (Frauen – oder Männerkreise, Seniorennachmittage oder Kindergruppen usw.). Jedem und jeder soll eine Möglichkeit eröffnet werden, den christlichen Glauben zu leben, sich zu engagieren und damit einen Platz in dieser Gemeinschaft aller Gläubigen zu finden.

(Pfarrerin z.A. Anette Denneler, früher Vikarin im Kirchenbezirk Herrenberg)

Kreuz / Passion

„Du nimmst auf deinen Rücken die Lasten, die mich drücken viel schwerer als ein Stein ...“ (P.Gerhardt).
Das geschieht am Kreuz von Golgatha. Hier tritt Jesus an unsere Stelle und übernimmt unsere Schuld. Er leidet und stirbt für uns. Obwohl er nichts Böses getan hat, lässt er sich zum Sündenbock machen. Freiwillig. Jesus bezahlt mit seinem Leben das Lösegeld (Markus 10,45), damit wir aus der Gefangenschaft der Sünde befreit werden.
Hinter Jesu Leiden (Passion) steht kein grausamer Gott, sondern der Vater im Himmel, der uns unendlich liebt. „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn dahingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16). Darum hat Jesu Sterben eine andere Qualität als unser Sterben. Der Gekreuzigte erschließt uns durch seinen Tod ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott.

Das eröffnet neue Perspektiven: Wir müssen uns nicht länger quälen mit den dunklen Stellen in unserem Leben. Der Gekreuzigte bietet uns einen Tausch an: Er trägt unsere Schuld und schenkt uns einen neuen Anfang. Versöhnung, Friede mit Gott und Gemeinschaft untereinander erhält jeder, der sich dem Gekreuzigten anvertraut. Am Kreuz kann unser ganzes Leben neu werden.
Seit Jesus auferstanden ist, wird der Kreuzestod Jesu als Gottes Tat zu unserem Heil in der Predigt und in der Feier des Abendmahls verkündigt. Menschen, die Gottes Versöhnungswerk annehmen, werden selbst zu Boten dieser Versöhnung in unserer Welt.

(Pfarrerin Susanne Thierfelder)

Rechtfertigung

Der Mensch will Anerkennung und er hat Verantwortung. Deshalb will und muss er sich und sein Handeln ständig rechtfertigen: vor sich selbst und vor den Mitmenschen. Der Glaube nun, dass es einen Gott gibt, der einem das Leben geschenkt hat, um verantwortungsvoll im Leben zu handeln, führt unweigerlich zu der Frage: wie kann ich vor Gott gerechtfertigt, also recht sein?

Das Geschehen der Rechtfertigung, also des recht Werdens vor Gott lässt sich folgendermaßen beschreiben: Gott will Gemeinschaft mit dem Menschen haben. Dieser aber will ohne Gott leben. Gott bleibt sich aber treu und spricht den Menschen deshalb aus lauter Gnade mit seinem Wort an, das uns in der Bibel entgegentritt. Dieses Wort krempelt den ganzen Menschen um und stiftet in ihm den Glauben an Jesus Christus. Damit aber lebt der Mensch jetzt nicht mehr für sich gegen die Gemeinschaft mit Gott, sondern er ist im Glauben hineingenommen in die Gemeinschaft mit Gott, die in Jesus Christus Wirklichkeit geworden ist.

Im Glauben an Jesus Christus, und das heißt in der Gemeinschaft mit Jesus Christus ist der Mensch vor Gott gerechtfertigt und gut. Vor Gott steht man also nicht gerecht da, indem man gute und gerechte Dinge tut (also sich selbst rechtfertigt), sondern indem Gott einen aus lauter Gnade gut und gerecht macht. Der Mensch ist in diesem Geschehen ganz der Empfangende. (Lesehinweis: Römerbrief bes. Kap. 3 und Galaterbrief bes. Kap. 3)

(Pfarrer z.A. Kim Apel, früher Vikar im Kirchenbezirk Herrenberg)

Rechtfertigungslehre

Nach evangelischer Auffassung muss sich die ganze kirchliche Lehre und Praxis an dem kritischen Maßstab der Rechtfertigungslehre messen lassen. Diese lehrt, dass der Mensch nicht durch sein Handeln, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus von Gott aus Gnade gerechtfertigt wird (à Rechtfertigung). Martin Luther kam zu dem Schluss, dass die Kirche seiner Zeit, ihre Lehre und Praxis, sich nicht an diesen Maßstab messen lassen konnte und wollte. Das führte letztlich zur Spaltung der abendländischen Kirche in der Reformation.

Heute soll die Lehre von der Rechtfertigung nicht mehr Anlass zu gegenseitigen Lehrverurteilungen sein – so jedenfalls will es die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die 1999 in Augsburg von Vertretern der ev. und kath. Kirche feierlich unterzeichnet wurde. Sie spricht von einem „gemeinsamen Verständnis der Rechtfertigung“.

Ob diese Erklärung aber eine grundsätzliche Übereinstimmung in der Rechtfertigungslehre zum Ausdruck bringt, wird von vielen Theologen – meines Erachtens zu Recht – bezweifelt. Bestünde tatsächlich eine solche Übereinstimmung, müsste die Erklärung auch Konsequenzen haben. Zum Beispiel dürfte einer ökumenischen Feier des Abendmahles nichts mehr im Wege stehen.

(Pfarrer z.A. Kim Apel,
früher Vikar im Kirchenbezirk Herrenberg)
 

Schuld / Sünde

Beide Begriffe sind durch ein moralisches Verständnis sehr vorbelastet und werden daher im kirchlichen Reden leider oft ersatzlos gestrichen. Sünde ist kein Regelverstoß gegen bestehende moralische Normen, die außerdem gern den Anstrich des Bürgerlichen haben. Viele Menschen unserer Zeit vermuten hinter den Begriffen den erhobenen Zeigefinger, der verbieten will, was doch schön ist und Spaß macht. So erscheint Gott als ein Spielverderber und die Sündenvergebung als ein überflüssiges Hinübergleiten in freudlose, miesepetrige Lebenshaltung.

Sünde bedeutet „sich trennen, sich sondern“. Biblisch gesehen wird sie vor allem als ein Ausbrechen aus der Beziehung mit Gott verstanden, als ein Absichern des Lebens aus eigener Kraft, ohne Bindung an den Geber des Lebens. So sein zu wollen, wie Gott, das ist schon auf den ersten Seiten der Bibel die Beschreibung der Sünde. Es geht nicht um einzelne böse Taten, sondern um die Macht, die dahintersteht und diese Taten aus sich herausbringt. Sünde beherrscht also den Menschen negativ, sie drückt ihn nieder, belastet das eigene Leben und das Verhältnis zu den Mitmenschen. Wer von Sünde beherrscht wird, kann gar nicht anders, als sich selbst, anderen und nicht zuletzt Gott Dinge schuldig zu bleiben.

Die Psychologie entdeckte die Bedrohung der Seele durch Schuld schon längst wieder, im kirchlichen Reden geschieht dies erst allmählich. Wenn Gott Sünde vergibt, dann ist das die entscheidende Befreiung von allem, was zwanghaft auf uns lastet. Es ist also heilendes, helfendes Geschehen und nicht etwa bedrückendes.

(Pfarrer Frank-Albrecht Schirm, Entringen)

Versöhnung

„So ist Versöhnung...“ lautet der Kehrvers eines Liedes im Gesangbuch (660). Mit vielen Bildern wird beschrieben, wie großartig Versöhnung ist. Dies bezieht sich zunächst auf die Versöhnung im zwischenmenschlichen Bereich. Am Ende der Josefsgeschichte in der Bibel (1.Mose 45) z.B. oder zwischen Jakob und Esau (1.Mose 33). Jede und jeder wird darum wissen, wie es ist, wenn es nach einem Streit oder einer Auseinandersetzung wieder gut wird.

Wichtiger ist in der Bibel die Versöhnung zwischen Mensch und Gott. Im Alten Testament wird diese Versöhnung im Kult abgebildet: am großen Versöhnungstag, dem „Jom Kippur“ geht der Hohepriester einmal im Jahr ins Allerheiligste, um die Versöhnung zu empfangen (3.Mose 16). Im Neuen Testament ist dieses Versöhnungsgeschehen im Tod Jesu Christi am Kreuz abgebildet. Der mittelalterliche Theologe Anselm von Canterbury (1033-1109) wollte mit seinem Werk „cur deus homo“ (Warum Gott Mensch wurde) das Wunder der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus preisen. Die Wirkung ging jedoch in eine falsche Richtung: seither hält sich hartnäckig die Ansicht, Gott sei durch die Sünde gegen den Menschen aufgebracht und müsse nun durch ein Opfer versöhnt werden. Biblisch richtig ist es jedoch anders herum: durch die Sünde ist der Mensch gegen Gott aufgebracht und der Mensch wird mit Gott versöhnt. Paulus beschreibt das so, dass wir nun Frieden mit Gott haben (Röm 5,1). Diese Versöhnung schenkt Gott allein und setzt sie durch Jesus Christus ins Werk. Wer glaubt und Gott vertraut, wird versöhnt und hat Frieden mit Gott.

(Pfarrer Frank-Albrecht Schirm, Entringen)

Zorn Gottes

Dieser Begriff kommt relativ häufig in der Bibel vor. Er bezeichnet eine Seite Gottes, die gerne übersehen oder bewusst verschwiegen wird. „Gottes Zorn“ kommt zunächst immer wieder auf sein Volk Israel. Gott strafte sein Volk mit Katastrophen oder Verbannung, wenn es sich von ihm abgewandt hatte.

„Gottes Zorn“ kann sich aber auch gegen seine „Feinde“, bzw. die Feinde des Volkes Israel wenden. Im Neuen Testament bezeichnet der „Zorn Gottes“ ein Gerichts-Handeln Gottes. Der „Zorn Gottes“ kommt über die „Kinder des Ungehorsams“ (Epheser 5, Vers 6).

Gott ist also nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift nicht nur der „liebe“ Gott. Er übersieht nicht einfach die Sünde und das Böse der Menschen. All dies löst vielmehr seinen „Zorn“, sein tiefstes Missfallen, aus. Diesem „Zorn“ Gottes, also seiner Strafe, seinem Gericht, kann nur entkommen, wer im Glauben zu Gottes Gnade in Christus „flieht“. „Die Strafe (Gottes) liegt auf IHM (Jesus), damit wir Frieden haben“. (Jesaja 53, Vers 5).

Für den, der sich im Glauben auf Jesus Christus beruft, gilt: „Denn Gottes Zorn währt einen Augenblick, doch lebenslang seine Gnade.“ (Psalm 30, Vers 6)

(Pfarrer Thomas Fuchs, Nufringen)